Historischer Rundgang durch Poltersdorf

Kath. Filialkirche St. Andreas: 1308 stiftet Emmerich von Monreal bei seinem Hof in Poltersdorf eine Kapelle die 1509 mit Unterstützung des Trierer Erzbischofs in spätgotischer Form umgebaut wurde. Der Chor erhielt ein Kreuzgewölbe, im Schiff verblieb es bei einer hölzernen Flachdecke. Der romanische Kirchturm aus der Stiftungszeit wurde nun mit einem spitzbogigen Straßendurchbruch und mit einem eingezogenen achteckigen Schieferhelm versehen. An den Umbau erinnert noch heute ein Vierblatt-Schlussstein mit dem Wappen des Trierer Erzbischofs Jakob II. von Baden (1503-1511). Nach einem Brand 1677 und wiederholter Erneuerung wurde das mittelalterliche Kirchenschiff 1950 abgerissen und 1950/52 nach Plänen des Architekten W. Miesges, Wiesbaden, neu errichtet. Dabei wurde eine spätgotische Fensterbekrönung an der Westfront wieder eingebaut. Der mittelalterliche Turm blieb erhalten und ist heute das Wahrzeichen von Poltersdorf. Das Wappen des Monrealer Lehnsherren, Jakob II. findet sich auch an dem oberhalb der Kirche gelegenen ehemaligen Monrealer Hofgebäude (Kurfürstenstraße 39), das 1837 im Stil der Moselklassizistik umgebaut wurde.

Direkt unterhalb der Kirche liegt der sogenannte Gymnicher oder Adenauer Hof. Es handelt sich um den im 17. Jahrhundert „neben der Kapelle gelegenen" Hof der Malteser-Kommende Adenau, die von den Reichsrittern von Gymnich vertreten wurde. Der Bau zeigt Formen der Spätgotik um 1500, ist aber nach Abbruch der baufälligen Originalsubstanz einer Rekonstruktion unter Wahrung des ursprünglichen Bildes und unter Wiederverwendung von möglichst viel Balken- und Hauwerk. Auch das barocke Tor wurde wieder rekonstruiert. Bis auf eine abgebrochene Achse zur Gewinnung der Hofeinfahrt ist auch noch das große Kelterhaus des 16. Jahrhunderts in originaler Substanz erhalten. Es zeigt den erheblichen Umfang des Wirtschaftsbetriebs dieses Hofes.

Schaut man genauer hin, so kann man noch weitere alte Hofanlagen des 16. Jahrhunderts entdecken: Dazu zählt das Haus Goldbäumchenstraße 3, ein für die Mosel ungewöhnlicher dreistöckiger Bau mit massivem Untergeschoss und zwei Fachwerkwänden zwischen jeweils zwei stockwerkweise überkragenden Giebeln in Massivmauerwerk. Der Bau markiert einen interessanten Übergang von der Stockwerk- zur Rähmbauweise und vom stehenden zum liegenden Stuhl. Es bildete früher wohl eine Einheit mit dem dahinterliegenden Bau, der 1812/13 durch Matthias Schausten und Susanne Conzen umgebaut wurde. Die Gewölbekeller mit einem zwölf Meter tiefen Pütz (Grundwasserbrunnen) deuten in ihrer Größe auf grundherrlichen Besitz hin. Vielleicht handelte es sich um den ehemaligen Gutshof der Grafen von Metternich-Winneburg-Beilstein (Hof Katzwinkel). Zwei schlichte giebelständige Häuser von jeweils zwei Achsen, Goldbäumchenstraße 7 und 9 sind ebenfalls des 16. Jahrhundert zuzuordnen.

Vom Ende des 16. Jahrhunderts stammt das original erhaltene, überputzte Haus Kurfürstenstraße 27, mit dem regionaltypischen Giebelkamin, der auf eine Saalgeschossbausweise hinweist. Es bildet mit Hofdurchfahrt und alter Wetterfahne ein ausgesprochen moseltypisches Bild.

Mehrfach umgebaut wurde der Manderscheid-Blankenheimer Hof (Raiffeisenstraße 15), die Hofstelle der Grafen von Manderscheid und ihrer Nachfahren, den Herren von Kerpen, den Grafen von Blankenheim und den Fürsten von Arenberg. Das Anwesen geht auf eine Hofanlage des 13. Jahrhunderts zurück. Das etwas von der Straße zurückgelegene Anwesen mit seinen Nebengebäuden, der Hofmauer und dem schönen Hoftor vermittelt noch heute einen lebendigen Eindruck von der Form und Baugeschichte eines herrschaftlichen Lehnhofes, wie er einst typisch für das Moselland gewesen ist. Ursprünglich bildete das Hauptgebäude eine bauliche Einheit mit dem die Anlage nach Süden begrenzenden Haus (Raiffeisenstraße 13) und dem nach Norden zu gelegenen älteren Gebäude (Raiffeisenstraße 17), dessen Giebelkamin in das frühe 16. Jahrhundert zurückweist. Das Fachwerk der Scheune mit Zwergwalm deutet auf einen Umbau kurz nach 1700 hin. Geprägt wird das Anwesen durch die klassizistische Fassade des Wohnhauses, die wie der Haus-Backofen aus dem Jahr 1792 stammt. Die fünfachsige Trauffassade ist symmetrisch gegliedert. Eingang und Frontgiebel befinden sich auf der Mittelachse. Die segmentbogigen Erdgeschossfenster und die Tür sind mit Basaltlava eingefasst. Das mächtige Mansarddach mit Krüppelwalm bezieht geschickt den zweiachsigen, als Nebengebäude genutzten Hausteil zur Rechten ein. Dort hat sich ein Ladehäuschen mit Aufzugsbalken erhalten. Bemerkenswert ist das schön gestaltete Hoftor mit Rokokotür aus einer moselländischen Werkstatt von 1802, dass den verhältnismäßig großen Hof zur Straße hin abschließt. Wie die Initialen der Türinschrift und des Torportals verraten, erfolgte der klassizistische Umbau im Auftrag der Eheleute Johann Haupts und Agnes Meurer.

Um 1800 war in Poltersdorf der Umbau älterer Hofgebäude in klassizistische Wohnhäuser mit Wirtschaftsteil offensichtlich in Mode. Ein gutes Beispiel hierfür ist auch das Anwesen Kurfürstenstraße 30 (Gasthaus Dehren). Besonders erwähnenswert sind die Winzerhäuser Kurfürstenstraße 32, 34 und 36. Es handelt sich um ein bauhistorisch bedeutendes Ensemble dreier um 1800 erbauter Winzerhäuser, die den architektonischen Übergang vom Barock zum klassizistischen Baustil veranschaulichen. Der Unterbau ist jeweils massiv gemauert, das Obergeschoss in Fachwerk ausgeführt. Das Fachwerk war indes nicht mehr auf Sicht angelegt, sondern der gesamte Baukörper aus ästhetischen Motiven, aber auch aus Gründen des Brandschutzes, als geschlossener Putzbau konzipiert. Der ehemalige Stubener Hof (Kurfürstenstraße 35), des adligen Nonnenklosters Stuben bei Bremm wurde 1808 umgebaut. Da das Kloster das Schankrecht besaß, entstand hier eine Gastwirtschaft, die bis heute Bestand hat (Alte Weinschänke). Zu den umgebauten Höfen gehört schließlich auch das Anwesen Kirchstraße 9, um 1795 errichtet aus zwei älteren Häusern mit fünf und drei Achsen. 


Ein gutes Beispiel für den etwas jüngeren Baustil der Moselklassizistik ist das um 1850 von dem Kreisbaumeister Carl Riemann errichtete Haus Kurfürstenstraße 39. In derselben Tradition steht die 1864/65 für 3.884 Taler errichtete alte Schule mit Backes und Spritzenhaus (bis dahin besuchten die Poltersdorfer Kinder die Volksschule in Ellenz). Es handelt sich um einen traufständigen, klar gestalteten spätklassizistischen Massivbau. Typisch für die klassizistische Baugesinnung sind die relativ geringe Dachneigung und die Betonung der Horizontalen durch Gesimse. Der Schulsaal befand sich zunächst im ersten Stockwerk, daneben richtete man einen Bürgersaal ein. Im Erdgeschoss befanden sich eine kleine Lehrerwohnung und das Dorfbackhaus. 1932 wurde die Schule modernisiert und der Schulsaal ins Erdgeschoss verlegt. Der alte Bürgersaal wurde aufgegeben und der Lehrer und seine Familie wohnten fortan im Obergeschoss. In dem 48 qm großen Saal wurden zeitweise bis zu 60 Schulkinder unterrichtet. Das Haus befindet sich heute im Privatbesitz und ist vorbildlich restauriert; das Backhaus kann wieder genutzt werden.



In den Weinbergen oberhalb von Poltersdorf liegt eine schöne Wegkapelle, die nach dem dortigen Flurnamen „Bracher Häuschen" genannt wird. Der achtseitige Zentralbau (Oktogon) mit Rippenkugel-Gewölbe wurde 1866 von Elisabeth Hummes nach einer Wallfahrt ins Heilige Land gestiftet und anstelle eines ruinösen Kapellchens errichtet von dem aus früher ein Kreuzweg (Sieben Fußfälle) zu der in einem Buchenwald auf der Berghöhe versteckt gelegenen Bergkapelle führte. Diese Tradition hat man jüngst wieder aufgegriffen und einen vom Künstler Christoph Anders in zeitgenössischer Form gestalteten neuen Kreuzweg errichtet, der von der alten Pfarrkirche in Ellenz zum Bracher Häuschen führt.